02. Forschungsstand

Aus Herrenhäuser
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Die heutige Grenzregion von Polen und Deutschland – mit der Wojewodschaft Westpommern und dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern – sowie den ehemaligen deutschen Gebieten Pommern sowie Teilen Ostpreußens ist von einer jahrhundertelangen Geschichte geprägt. Zeugnisse dafür sind unter anderem bedeutende Schlossanlagen und Herrenhäuser. Verbunden damit sind in der Regel Park- und Gartenanlagen sowie ein besonderer Kulturlandschaftstyp. Die zu den Schlössern und Herrenhäusern gehörenden Wirtschaftshöfe bildeten die wirtschaftliche Grundlage zur Erhaltung der adligen und großbürgerlichen Anwesen. Schlösser und Herrenhäuser waren Zentren der hiesigen Kultur und Träger der jeweiligen regionalen Identität.

Die Forschungssituation in den ehemals deutschen und jetzt polnischen Gebieten des ursprünglichen Pommern und Ostpreußens ist schwierig. Durch die Verschiebung der deutsch-polnischen Grenze nach Westen an Oder und Neiße sowie die Zwangsumsiedlung der polnischen Bevölkerung in die neuen Westgebiete wurde die lokale Tradition und Identität ideologisch und menschlich gebrochen. Stattdessen bildeten sich neue Identitätsmuster, die die Geschichte des neu besiedelten Ortes und damit auch der Herrenhäuser nicht mehr einbezogen. Während zum Biespiel die einst protestantischen Kirchengebäude für den katholischen Gottesdienst weiter genutzt wurden, fehlte bei den meisten Herrenhäusern eine Nutzung, so dass sie verfielen. Eine wissenschaftliche Beschäftigung fand im Grunde bis zum Fall der Mauer 1989 kaum statt.

Natürlich ist Johann Bernoullis Werk aus dem 18. Jahrhundert „Rückreise von Danzig über Stettin nach Berlin im Jahr 1777, und zweyte Reise nach Danzig im Jahr 1778“ aus dem Jahre 1779 zu nennen, in dem er bereits recht ausführlich Schlösser und Parks mit Ausstattung und Örtlichkeit beschreibt. 1966 veröffentlichte Carl E.L. von Lorck das heute noch wichtige „Landschlösser und Gutshäuser in Ost- und Westpreußen“ als Überarbeitung seines zuerst 1933 erschienenen Werkes.[1]

Nach 1989 wurde die Beschäftigung mit der Thematik vor allem durch Mitglieder ehemaliger hiesiger adeliger Dynastien neu angegangen. Hierbei ist Marion Gräfin Dönhoffs „Kindheit in Ostpreußen“ (1991) sowie „Namen die keiner mehr nennt“ (bereits 1962 zuerst erschienen) zu erwähnen. Diesen Werken folgten mehr wissenschaftliche Untersuchungen wie Lothar Graf zu Dohnas „Die Dohnas und ihre Häuser : Profil einer europäischen Adelsfamilie“ (2013) oder Wulf-Dietrich von Borckes „Stargordt“ (2013), die sich ausführlich mit den ehemals eigenen Schlössern, Ausstattung und Garten sowie Gutswirtschaft Pommerns und Ostpreußens beschäftigen.

Ausführliche Werke zu ehemaligen ostpreußischen Schlössern veröffentlichte Wulf D. Wagner mit „Kultur im ländlichen Ostpreußen. Geschichte, Güter und Menschen im Kreis Gerdauen“ (2008) sowie „Die Güter des Kreises Heiligenbeil in Ostpreußen“ (2005), „Das Rittergut Truntlack 1446–1945“ (2014) und „Das Königsberger Schloss“ (2008-2011). Zu erwähnen sind hier auch noch „Im Schatten von Berlin und Warschau: Adelssitze im Herzogtum Preußen und Nordpolen, 1650 – 1850“ (2010) von Isabella Woldt und Tadeusz Zuchowski herausgegeben sowie „Schloss Friedrichstein“ (2019) für den russischen Teil Ostpreußens, herausgegeben von Kilian Heck und Christian Thielemann.

Auch in Polen beginnt man sich mit dem ehemals „unliebsamen“ Erbe auseinanderzusetzen. Malgorzata Jackiewicz-Garniec und Miroslaw Garniec schrieben das Überblickswerk „Schlösser und Gutshäuser im ehamligen Ostpreußen (polnischer Teil). Gerettetes oder verlorenes Kulturgut?“ 2001, einen Katalog von erhalten gebliebenen Herrensitzen mit Archivmaterialien, Grundrissen und Plänen. Zudem sei erwähnt dass das Interesse an den ehemals deutschen Herrenhäusern und Gutsanlagen auch durch eine vermehrte touristische und kommerzielle Nutzung in Polen neu erwacht zu sein scheint. Hier möchte ich das „South Baltic Manors“-Projekt erwähnen, das im Rahmen des Interreg South Baltic Programms 2013-2020 durchgeführt wurde. Das Projekt konzentriert sich auf die Förderung des Gutshaustourismus und initiiert ein gemeinsames Marketing auf Grundlage der Geschichte der Projektregion.

Ebenso unterstützen Vereine und Freundeskreise wie der Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark oder Stiftungen für die deutsch-polnische Zusammenarbeit, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie dem Verein zur Förderung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit e.V. die Forschung. Die Schlösser und Herrenhäuser Pommerns und Ostpreußens (polnischer Teil) werden nun mehr und mehr als gemeinsames Kulturerbe begriffen. Im Jahr 2011 waren in der Wojewodschaft Westpommern 650 Burgen, Schlösser und Herrenhäuser bekannt (darunter 288 im Denkmalsregister eingetragene Objekte) und fast 1.000 Parkanlagen (davon 712 registrierte).[2]

Die wissenschaftliche Erforschung und somit die genaue Geschichte der einzelnen Objekte aufzuzeigen wird dadurch erschwert, dass sich in polnischen und deutschen Archiven kaum mehr benutzbares wichtiges Quellenmaterial erhalten hat. Dennoch bringt die Forschung immer mal wieder neue Informationen ans Tageslicht.

  1. Bis 1983 immer wieder überarbeitet und neu aufgelegt.
  2. Vgl. Borcke, Wulf-Dietrich, S. I.